Authentizität - Dein Pfad wurde noch nie begangen.
- silvanhaag
- vor 3 Tagen
- 3 Min. Lesezeit

Ein Auszug aus meinem entstehenden interaktiven Buch: Mein letztes (und erstes) Buch "Wachse über dich hinaus." habe ich mit einem Zitat beendet. Dieses starte ich mit demselben:
Caminante, no hay camino. Se hace camino al andar. - Antonio Machado
Frei übersetzt bedeutet es soviel wie:
Wanderer, es gibt keinen Weg. Du erschaffst den Weg indem du ihn gehst.
Ich denke dabei an unberührten und frischen Schnee. Wie wunderschön es ist, die ersten Abdrücke darin zu erschaffen. An Sand(strand) ohne Spuren. An dichten Regenwald, der mit Machete und Vorsicht entdeckt wird. Und ebenso an das echte Leben, an Pfade die vielleicht so noch nie begangen wurden, an Wege die im ersten Moment nicht sichtbar, nicht möglich scheinen. Und dann plötzlich werden sie als Möglichkeit in Betracht gezogen. Erste Schritte werden erprobt und ein Weitergehen ist möglich. Umkehren kann man zu Beginn immer noch. Das was sich wohl auf dem Weg verbirgt, ist aber viel zu interessant, als nicht entdeckt zu werden.
Es braucht Mut. Entdeckergeist. Pionierdrang. Ausserdem auch Wachsamkeit.
Gefahren lauern. Stachelige Pflanzen, giftige Tiere. Der Moment muss gelebt werden. Vergangenheit und Zukunft scheinen in weiter Ferne und nicht relevant. Klar, der Wille, den Weg zu beschreiten, um herauszufinden, wohin er führt, muss stark und präsent sein. Irgendwann wächst der Weg dahinter wieder zu und beinahe nicht mehr auffindbar.
Alle Menschen werden als Originale geboren, aber die meisten sterben als Kopien.
- Alexandre Vinet
Auch auf den bereits begangenen (herausgeputzten, mit Wegweisern versehenen, einfach zu begehenden) Wegen lauern Gefahren. Meist werden sie jedoch nicht erwartet, denn ein bereits vorhandenen Weg wird unachtsamer begangen. Präsenz ist weniger von Nöten. Die Erlebnisse in der Vergangenheit können (gedanklich) wiedererlebt (und abgeändert) werden. Zukunft wird geplant. An Problemen herumstudiert. Der gegenwärtige Moment scheint nur bedingt relevant.
Genau dieses Phänomen erscheint bereits auf den nahen (Wald)Wegen. Menschen laufen oft unachtsam durch die Gegend. Der Blick wird fokussiert auf den Weg vor einem gerichtet, oder man ist in ein Gespräch vertieft. Oft ist einem gar nicht bewusst, wo man langläuft. Oft sind es sogar die ewig selben Wege, die begangen werden. Die alltägliche Route, die bereits zum hundertsten Mal abgelaufen wird (um auf die benötigte Anzahl Schritte zu kommen). Dabei werden Vegetation, Tiere, manchmal auch Menschen und einiges mehr, nicht wahrgenommen.
Eine Zeit lang habe ich für Schulklassen Waldtage organisiert und begleitet. Dabei brachte ich oft den Eulen- oder peripheren Blick (Kapitel Entspannung) zur Sprache. Nach einigen Übungen, überprüften wir die Theorie und testeten unsere erlernten Fähigkeiten sich zu verstecken und ruhig zu sein. An einem viel begangenen Waldweg versteckte sich die gesamte Schulklasse am Wegrand einige Meter neben dem Weg. Eigentlich leicht sichtbar, denn rund 20 Kinder mit allerlei Farben am Körper fallen gut auf. Dennoch wurden wir nie gesehen. Die Fussgänger waren zu stark mit sich selbst (oder ihrem Smartphone) beschäftigt.
Wird jedoch, um beim nahen Wald zu bleiben, ein Weg durch Dickicht, Bäume und weglosen Pfaden begangen, ist Achtsamkeit automatisch im Vordergrund.
Authentisch zu leben bedeutet, sich selbst auszudrücken. Nicht blos zu existieren, sondern sich und sein Leben lebendig zu ent-wickeln. Der Ursprung des Wortes kommt vom Griechischen Wort "authentikós", was "echt" oder "zuverlässig" bedeutet.
Echt ist es, wenn Gedanken, Worte und Handlungen kongruent sind, also übereinstimmen. Wenn Gedanken anderen Inhalt als Worte haben (ja, gar das Gegenteil beinhalten), so ist dies nicht authentisch.
Für mich authentisch lebt jemand, der Prinzipien und Werte tief verinnerlicht hat und auch dafür einsteht; komme, was wolle. Manche Menschen haben Mühe das Wort "Authentizität" auszusprechen, geschweige denn, danach zu leben. Sie sind (über)angepasst, wollen es allen recht machen, gehen unzählige Kompromisse ein und vergleichen sich mit anderen (Social Media hilft).
Der Vergleich ist des Glückes Tod. - Kierkegaard
Auf welcher Grundlage kann ich mich mit anderen Menschen vergleichen?
So haben sie andere Startvoraussetzungen, andere Genetik, andere Erziehung, andere Reize (von aussen; Temperatur, Nahrung usw. und von innen; Bakterien, Intelligenz usw. ), anderes Umfeld und andere Talente. Ein Vergleich ist hier also völlig unsinnig. Der einzige Vergleich der Sinn macht (ja Sinn ergibt sich nicht er wird gemacht, denn Sinn ist menschengemacht), ist der mit mir selbst. So schaue ich, was mein Vergangenheits-Ich (z.B gestern) gemacht hat und ob, beziehungsweise wo, ich heute bin.
Klar, das Ganze ist ein wenig überspitzt dargestellt. Wettbewerb, Vergleiche und auch manchmal Konkurrenz, hat durchaus seine Vorteile. So kann er als Antrieb dienen, oder als Inspiration, um sich weiterzuentwickeln. Er kann auch motivieren, besser zu werden und so sein Potenzial auszuschöpfen. Bei mir hat Konkurrenz jedoch nur sehr selten etwas ausgelöst. Viel wertvoller finde ich es voneinander zu lernen und gemeinsam etwas anzugehen. Je unterschiedlicher die Menschen dabei sind, desto wertvoller der Prozess und schlussendlich auch das Ergebnis.
Das Buch erscheint voraussichtlich im Frühling 2026.
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